Kinderschutz muss auch in der Flüchtlingspolitik höchste Priorität haben.

Pressestatement Missbrauchsbeauftragter Rörig zu Eröffnung von sog. Ankerzentren

Berlin, 01.08.2018. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, warnt vor den Gefahren einer Unterbringung in den sogenannten Ankerzentren für geflüchtete Mädchen und Jungen:

 

Rörig: „Ministerpräsident Söder sieht in Ankerzentren ein „Vorbild für Deutschland“. Ankerzentren entsprechen nicht den Anforderungen der UN-Kinderrechtskonvention. 45 Prozent der geflüchteten Menschen 2017 sind Kinder und Jugendliche. Geflüchtete Kinder haben wie alle Kinder ein Recht auf Schutz vor Gewalt, auf gesundheitliche Versorgung und Teilhabe sowie Zugang zur Bildung. In den  sogenannten Ankerzentren werden diese Rechte, zu deren Umsetzung sich Deutschland gemäß der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet hat, nicht gewährleistet. Ich fordere seit Sommer 2015 bundeseinheitliche Standards für den Schutz von Kindern vor (sexueller) Gewalt, unter anderem zu Beschwerdeverfahren, Hilfeangeboten sowie zu räumlichen und personellen Rahmenbedingungen. Das Bundesfamilienministerium hat gemeinsam mit UNICEF im Juni 2017 überarbeitete „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ vorgelegt, die als Leitlinien für die Erstellung und Umsetzung von Konzepten zum Schutz vor Gewalt in Flüchtlingsunterkünften gelten sollten. 

 

Gesetzliche Standards zum Schutz vor sexueller Gewalt in Flüchtlingsunterkünften  müssen endlich bundeseinheitlich gesetzlich festgeschrieben  werden, zum Beispiel im Rahmen des § 44 Asylgesetz. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir uns für die geflüchteten Kinder verantwortlich fühlen und sie schützen. Viele Kinder haben bereits schreckliche Erfahrungen in ihrem Heimatland und auf der Flucht gemacht. Sie sind dadurch besonders gefährdet, erneut Opfer von (sexueller) Gewalt zu werden. Sie brauchen unseren besonderen Schutz und unsere Hilfe, um das Erlebte zu verarbeiten, Kind sein zu dürfen und geschützte Lebensräume zu haben, in denen sie sich gut entwickeln können. Wir müssen alles dafür tun, dass die Menschen, die bei uns Schutz und Hilfe suchen, kein weiteres Leid erfahren. Ein Ankerzentrum, in dem es keine Bildungs- und kindgerechte Freizeitangebote gibt und in denen viele Menschen auf engstem Raum unter enormen, vielfältigen Belastungssituationen zusammenleben, sind geradezu ein Brenntiegel von Gewalt, auch sexueller Gewalt, der Kinder und Jugendliche bis zu einer maximalen Aufenthaltsdauer von 6 Monaten für Familien dort ausgesetzt sein können. Ich fordere grundsätzlich eine dezentrale Unterbringung von Familien mit Kindern in geschützten Unterkünften. Die Rechte der Kinder müssen uneingeschränkt berücksichtigt werden.“


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