Istanbul-Konvention tritt in Kraft

Gemäß EU muss Deutschland nun Verpflichtungen zum Opferschutz einhalten

Am 1. Februar tritt das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Kinder  und häuslicher Gewalt in Kraft, die sogenannte Istanbul-Konvention. Das Übereinkommen enthält umfassende Verpflichtungen zum Schutz der Opfer und zur Bestrafung der Täter.
Die Mitgliedstaaten werden allerdings dazu ermuntert, die Konvention auf alle Opfer von Gewalt anzuwenden, also auch auf Männer und Kinder (Art. 2).

Die Konvention verfolgt das Ziel, Opfer vor Gewalt zu schützen und die Straflosigkeit der Täter und Täterinnen zu beendigen. Die äusserst umfangreiche Konvention sieht unter anderem Massnahmen in den Bereichen Prävention, Betreuung und Hilfe, Rechtsschutz und (zivil- und strafrechtliche) Verfahren vor.

Die Eckpfeiler des Übereinkommens sind die Bereiche Gewaltprävention, Opferschutz sowie Strafverfolgung. Außerdem ruft es jeden einzelnen in der Gesellschaft dazu auf, seine/ihre Einstellung zum Thema Gewalt gegen Frauen, Kinder  und häusliche Gewalt zu überdenken
Kurzum, das Übereinkommen ist ein erneuter Appell für mehr Gleichheit zwischen Mann und Frau, da Gewalt gegen Frauen und Kinder  auf der Ungleichstellung zwischen Frauen und Männern fußt und sich durch eine Kultur der Toleranz und des Wegschauens fortsetzt.


Wesentliche Merkmale des Übereinkommens

Es erkennt Gewalt gegen Frauen und Kinder  als das an, was es ist: eine Form von Menschenrechtsverletzung und Diskriminierung. Dies bedeutet, dass Staaten zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie dieser Gewalt nicht angemessen begegnen.

Es führt eine Reihe neuer Straftatbestände ein, wie zum Beispiel weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsheirat, Nachstellung, Zwangsabtreibung und
Zwangssterilisation. Dies bedeutet, dass Staaten wichtige Straftatbestände in ihr
Strafrecht einführen müssen, die es vorher nicht in dieser Form gab.

Es fordert die Einbindung aller zuständigen öffentlichen Behörden und Hilfseinrichtungen, damit Gewalt gegen Frauen und Kinder mit Hilfe eines integrativen Ansatzes bekämpft werden können.

Was verlangt das Übereinkommen von Staaten?
  Gewaltprävention

  • auf Einstellungen, Geschlechterrollen und Klischees einzuwirken, die Gewalt gegen Frauen und Kinder  gesellschaftlich akzeptabel machen;
  •  Fachpersonal im Umgang mit Opfern von Gewalt zu schulen;
  • die Öffentlichkeit für die verschiedenen Formen von Gewalt und ihrer traumatischen Natur zu sensibilisieren;
  • in allen Bildungsbereichen Unterrichtsmaterial zum Thema Gleichstellung in die
    Lehrpläne aufzunehmen;
  • mit Nichtregierungsorganisationen, den Medien sowie der Privatwirtschaft
  • zusammen zu arbeiten, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.



  Gewaltschutz

  • die Bedürfnisse und die Sicherheit der Opfer in den Vordergrund zu stellen;
  • spezialisierte Hilfseinrichtungen zu schaffen, die medizinische Hilfe sowie
    psychologischen und rechtlichen Beistand für Opfer und ihre Kinder anbieten;
  • Schutzunterkünfte in angemessener Anzahl einzurichten und kostenlose Telefonberatung rund um die Uhr einzuführen.



  Strafverfolgung

  • zu gewährleisten, dass Gewalt gegen Frauen und Kinder  unter Strafe gestellt und angemessen bestraft wird;
  • sicher zu stellen, dass kulturelle, traditionelle und religiöse Überzeugungen oder angebliche Ehrvorstellungen der Täter nicht als Rechtfertigung für Gewalttaten jeglicher Art anerkannt werden;
  • Opfern von Gewalt Zugang zu besonderen Schutzmaßnahmen während der polizeilichen Ermittlungen und Strafverfahren zu gewähren;
  • Polizei- und Strafverfolgungsbehörden anzuweisen, unmittelbar auf Hilferufe zu
    reagieren und mit Gefahrensituationen ordnungsgemäß umzugehen.


  Überwachungsmechanismus

  •  einen besonderen Überwachungsmechanismus zu schaffen, um die Umsetzung des Übereinkommens zu gewährleisten. Eine Expertengruppe wird die Einhaltung des  Übereinkommens durch die Staaten überwachen, um seine dauerhafte Wirksamkeit zu garantieren.


Wen schützt das Übereinkommen?

Das Übereinkommen schützt Frauen und Mädchen aller Schichten, unabhängig von Alter, Rasse, Religion, sozialer Herkunft, sexueller Orientierung oder Aufenthaltsstatus, um nur einige Beispiele zu nennen. Dem Abkommen liegt die Annahme zu Grunde, dass es bestimmte Gruppen von Frauen und Kinder  gibt, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, Gewalt zu erfahren.
Staaten müssen sicher stellen, dass die besonderen Bedürfnisse auch dieser Opfergruppen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind die Staaten ermutigt, dieses Übereinkommen auf alle anderen Opfer häuslicher Gewalt anzuwenden, nämlich Männer, Kinder und Senioren.

Um welche Delikte geht es?
Das Übereinkommen führt eine Reihe wichtiger Straftatbestände ein. Es stellt sicher, dass die folgenden Verhaltensweisen strafrechtlichen oder sonstigen
rechtlichen Sanktionen unterliegen:

  • körperliche Gewalt;
  • seelische Gewalt;
  • Nachstellung;
  • ·sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigung;
  • sexuelle Belästigung;
  • Zwangsheirat;
  • Verstümmelung weiblicher Genitalien;
  • Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisierung.


Hier kann die gesamte Konvention gelesen werden (Klick)

Quelle: Texte wurden teilweise von www.humanrights.ch/ übernommen

 


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